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Wenn man von Osnabrück kommend auf der ehemaligen Bundesstraße B68 in Richtung Bielefeld fährt bis zum Abzweig der Kreisstraße K330 in Wellendorf, und dann den Kreisverkehr Richtung Borgloh verlässt, kommt man nach ca. 1,6 km zum Abzweig rechts ab zum Haus Hagen. Hier steht nach etwa 350 m mitten in einem Buchenwald ein schon reichlich verwittertes Kreuz mit folgender Inschrift:
Hier fanden am 23.5.1914 den Fliegertod O-Lt.Boeder u.Lt. Bernhardt Heimat-V. Borgloh Was hat es auf sich mit diesem frühen Gedenkkreuz der Fliegerei aus einer Zeit vor dem ersten Weltkrieg? Vom 16. bis 25. Mai 1914 fand der "Prinz Heinrich Flug" statt. Veranstaltet von der Südwestgruppe des deutschen Luftfahrer-Verbandes unter Mitwirkung der Nodrwestgruppe des DLV und des Kölner Club für Luftschiffahrt. Die oberste Leitung des gesamten Fluges hatte seine Königliche Hoheit, Prinz Heinrich von Preußen. Strecke: Darmstadt - Mannheim - Pforzheim - Straßburg - Speyer - Worms - Wiesbaden - Koblenz - Frankfurt/Main - Marburg - Kassel - Braunschweig - Hamburg - Hannover - Minden - Herford - Münster - Osnabrück - Bremen - Köln ![]() Der Prinz-Heinrich-Flug wurde über fünf Etappen von Insgesamt 2600 km ausgetragen. Die erste Etappe führte von Darmstadt über Mannheim, Pforzheim und Straßburg über 400 km nach Frankfurt. Ihr folgte ein Rundflug von Frankfurt über Koblenz und Köln zurück nach Frankfurt. Die dritte Etappe wurde auf der Strecke Frankfurt - Kassel - Braunschweig - Hamburg ausgetragen. Die vierte Etappe war erneut ein Rundflug: Hamburg - Hannover - Münster - Bremen - Hamburg. Die letzte Etappe führte von Hamburg nach Köln und schloss eine Aufklärungsübung ein. Auf den ersten zwölf Plätzen fanden sich neun Militärflieger und ausschließlich Flugzeuge mit Mercedes-Motoren. Unter den teilnehmenden Offizieren gab es vier Todesopfer. Werbeplakat für den Prinz Heinrich Flug 1914 |
Unterbringung der Flugzeuge während des Wettbewerbs in einem Hangar in Hamburg Protektoren waren: Die sportlichen Leiter der einzelnen Strecken und Etappen waren für Osnabrück: Von Kempski, Teilnehmende Piloten: a) gemeldete Teilnehmer der deutschen Heeresverwaltung: 20 Flugzeugführer und Beobachter |
![]() Der Wettbewerb diente der Erprobung der neuesten deutschen Flugmodelle unter Praxisbedingungen und war vorwiegend militärisch ausgerichtet. Das Programm bestand aus einem Mehr-Etappen-Flug und Luftaufklärungsübungen. Teilnahmeberechtigt waren Offiziere des deutschen Heeres und der Kaiserlichen Marine sowie deutsche Zivilisten, sofern sie von einem im Deutschen Luftfahrt-Verband organisierten Verein vorgeschlagen wurden. Die Flugzeuge mussten in Deutschland gebaut worden sein und den Anforderungen eines Militärflugzeugs genügen. Wettbewerbsflugzeug LVG BII mit Mercedes-Motor |
![]() Oberleutnant Odo Boeder, geb. 13.09. 1885, gest. 23.05.1914 Oberleutnant Boeder, Fliegerbatallion 2, und Leutnant Bernhard, Infanterie-Regiment 50 (I.R.50), flogen in der Gruppe C mit einem Mercedes-Doppeldecker der Luftverkehrsgesellschaft. Die Flugstrecke führte von Darmstadt über Frankfurt a.M. durch den Südwesten und Westen bis nach Norddeutschland und zurück nach Köln. Der 23.Mai 1914 war ein warmer, schwüler Frühsommertag, und die Bevölkerung des Osnabrücker Landes sollte diesen Tag noch lange in Erinnerung behalten. Der Prinz Heinrich Flug 1914, die schwerste flugsportliche Veranstaltung vor dem 1. Weltkrieg, führte an diesem 23. Mai auf der letzten Etappe von Hamburg nach Köln, mit einer Zwischenlandung in Minden, über das Osnabrücker Land. Die Menschen waren stundenlang vor ihren Häusern, um dieses für die damalige Zeit außergewöhnliche Ereignis mitzuerleben. In der Mittagszeit gegen 14:00 Uhr braute sich zuerst von Südwesten her, dann aber auch von anderen Himmelrichtungen,
eine gewaltige ausgeprägte Gewitterfront zusammen. Der Beobachter, Leutnant Bernhard aus Breslau war sofort tot, der Flugzeugführer, Oberleutnant Boeder aus Halle an der Saale,
starb wenig später. Der Trauermarsch vom Lazarett zum Bahnhof verlief mit militärischen Ehren unter Begleitung der Honoratioren der Stadt, des Offizierskorps und von Mitgliedern des Luftsportvereins. ![]() ![]() Am 23. Mai 1914 sind im Osnabrücker Land während des Gewitters noch mehrere Maschinen notgelandet. Dabei kam es zu
einem weiteren Absturz, den die Besatzung jedoch fast unverletzt überlebte. Die Wettbewerbsleitung des Prinz Heinrich Fluges bedankte sich bei dem Gastwirt Tewes in Wellendorf bei Borgloh für die Unterstützung, die er bei dem verunglückten Flugzeug und seiner Besatzung geleistet hatte und überreichte eine Ehrenplakette als Zeichen der Dankbarkeit für die erwiesenen Dienste. Einige Monate nach dem Wettbewerb begann der 1. Weltkrieg und die Ereignisse des Prinz Heinrich Fluges gerieten in Vergessenheit. Fünfzehn Jahre später, am 23.Mai 1929, errichtete der Heimatverein Borgloh an der Absturzstelle der beiden Flieger einen Gedenkstein, und der "Ring der Flieger Osnabrück", der Organisation ehemaliger Kriegsflieger des ersten Weltkrieges, weihte den Gedenkstein mit einer kleinen Feier ein. Quellenangabe: Hans Gerd Rabe, Osnabrücker Mitteilungen Band 76, Osnabrück 1969 Marton Szigeti, Archiv Flugrevue, Bonn Martin Frauenheim, Regionales Luftfahrarchiv, Hagen a.T.W. Manfred Hermeling, Regionales Luftfahrtarchiv, Hasbergen Peter Supf, Das Buch der deutschen Fluggeschichte Band 2, Stuttgart 1958 Presseberichte aus Osnabrücker Zeitungen Informationsheft zum Prinz Heinrich Flug 1914 Brief der Wettbewerbsleitung an Gastwirt Tewes Wellendorf, 1914 Fotos: Sammlung M.Hermling, Thomas Genth Unterlagen Martin Fraunheim |