Die Siedlungsgeschichte in Norddeutschland
Die Kötter
Die Siedlungsform des Kottens stammt aus dem Mittelalter und kann ab dem 14. Jahrhundert belegt werden. Nachdem bei der
Landnahme unbesiedelten Gebietes im Hochmittelalter noch ausreichend Rodungsland für einzeln stehende Vollhöfe zur
Verfügung gestanden hatte, entstanden die Kotten, als die ursprünglichen Höfe bei steigender Bevölkerungszahl nicht mehr
ausreichten und kleinere Parzellen entstanden. Auch bei Erbteilungen wurden Vollhöfe unter den Erben aufgeteilt, die dann
oft auf dem ursprünglichen Hofland mehrere Einzelkotten errichteten.
Im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit wurde auch in Urkunden vermehrt zwischen Vollhöfen und Kotten/Katen unterschieden.
Ein Kotten/Kate war dabei in der Regel ein Hof mit geringerer Größe und niedrigerer Abgabenlast. Er war, im Gegensatz zum Hof
des Vollbauern, meist nur mit einem kleinen Stück Land zur Selbstversorgung und Nebenerwerbslandwirtschaft ausgestattet. Im
Regelfall besaß diese Kate einen kleinen Kohlgarten, der der Nebenerwerbslandwirtschaft diente. Die meisten Kötter hatten
einen anderen Haupterwerb und gehörten zur unteren dörflichen Mittelschicht. Sie waren z. B. Lehrer, Handwerker oder Bauern,
falls der Landbesitz ausreichte. Dieses Land war dann aber außerhalb der unter den Hufnern (Begriffserklärung siehe unten) aufgeteilten Flur, auch hatten Kötter
meist keinen Anteil an der Allmende (Begriffserklärung siehe unten).
Oft finden sich mehrere Kotten/Katen auf dem Grundstück des Großbauern. Eine solche Ansammlung von Siedlungsplätzen unterhalb
der Dorfebene ohne Sozialeinrichtungen wie Kirche, Schule oder Gastwirtschaft wird je nach Region Weiler oder Hofschaft genannt.
Zur Kotten/Kate gehörte in der Regel kein Scheunen- oder Stallgebäude. Kotten/Katen sind zumeist einstöckig, der Giebelraum
wurde als Stroh- und Nahrungsmittellager genutzt. Tiere wurden unter der Niederung einer verlängerten Dachseite untergebracht.
In Regionen mit kalten Wintern gab es keine Abgrenzung zwischen Wohn- und Tierbereich, um von der Tierwärme mit profitieren zu können.
In der sozialen ländlichen Hierarchie standen sie unterhalb der Vollbauern, aber über den Büdnern, die lediglich Haus und Garten
besaßen und als Handwerker arbeiteten, und über den Insten (Begriffserklärung siehe unten) und Tagelöhnern.
Um die Mitte des 15. Jahrhunderts teilten sich, begünstigt durch das Anerbenrecht und das raschere Bevölkerungswachstum, die
Kötter in Erbkötter und Markkötter. Die früheren, durch Teilung entstandenen Kötter hatten Haus und Hof stets im Dorf
beziehungsweise innerhalb einer Bauernschaft, was aus Gründen der Schutz- und Nachbarschaftshilfe als unerlässlich angesehen
wurde. Nun wurde irgendwo in der Mark, oft kilometerweit vom Dorf oder der nächsten Ansiedlung entfernt, kulturfähiger Boden,
sei er noch so geringwertig, gerodet und in dessen Mitte ein Markkotten errichtet, der dem Markkötter zugeteilt wurde und wo
er siedeln musste. Der Markkötter erhielt somit kaum noch einen Erbteil und stand in der Rangfolge unter dem Erbkötter.
Im Gegensatz zu den Erben oder Altbauern erbte jedoch keiner dieser Gruppen den elterlichen Hof. Beide Gruppen der Kötter
standen aber in der sozialen Hierarchie noch über den Heuerlingen, die meist rechtlich und wirtschaftlich noch stärker vom
Vermieter des von den Heuerlingen bewohnten Heuerlingskotten abhängig waren.
Kotten/Katen sind im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit in Fachwerkbauweise wie ein Niedersachsenhaus gebaut
(Zweiständerhaus), haben aber weniger Ständer, sind also kürzer - auch das ein Hinweis auf den eingeschränkten Nutzwert als
vollwertiger landwirtschaftlicher Betrieb. In der Regel reicht die Deele von Giebel zu Giebel, der hintere Wohnteil entfällt also.
Im norddeutschen Raum wandelte sich im 19. Jahrhundert die Bauweise von der Fachwerk- zur Ziegelkate. |